Bibel - die heiligste Tradition der Kirche

Wenn jemand begreifen will, wer Jesus oder was Kirche ist, muß er die Bibel kennen; oder wie Hieronymus in seinem Jesajakommentar sagt: "Die Schrift nicht kennen, heißt Christus nicht kennen." Denn in ihr hat Israel (im Alten Testament = jüdische Bibel) und später die Kirche (im Neuen Testament) die Erfahrungen von Menschen, Gruppen, ja der ganzen Gemeinde mit Gott festgehalten, die auch in Zukunft das Fundament darstellen sollten, auf dem weitergebaut werden kann. Diese Seiten sollen nun einen Überblick über die Entstehung der heiligen Schrift, ihr Umfeld, in dem sie entstand, die Übersetzungen, den christlichen Offenbarungsbegriff und die gängigsten Methoden im Umgang mit der Schrift bieten.

In den heiligen Schriften des Alten und Neuen Bundes offenbart sich Gott in einmaliger und unüberbietbarer Weise wie das vorher und nachher nicht wieder geschehen ist - und es auch aus inneren logischen Gründen nicht kann. Jesus hebt das Alte Testament im dreifachen Hegelschen Sinn auf. Oder um es schriftgemäßer zu sagen: Er erfüllt es.

Das aber in Jesus das Alte Testament erfüllt ist für uns, steht nicht in der Bibel, sonst müßten ja alle Juden, die in das Neue Testament sehen, automatisch Christen werden. Das ist ja, wie Paulus schon schmerzlich sah, nicht der Fall. (Natürlich gab es das NT zu dieser Zeit noch nicht, sondern "nur" die Augen- und Ohrenzeugenberichte.) Diese Tradition haben wir von den Zwölf und den anderen übernommen, denen Jesus nach Seiner Auferstehung erschienen ist und die diese Erfahrungen niederschreiben ließen. Wenn man so will: Das NT ist die Brille mit der Christen aus der Auferstehungserfahrung heraus die jüdische Bibel lesen und damit zum Alten Testament machen.

Irenäus, Bischof von Lyon (ca 160-180), machte in den Auseinandersetzungen mit der Gnosis und anderen Irrgläubigen das Traditionsprinzip geltend. Man muß sich ja vor Augen halten, dass man damals nicht so einfach wie heute einfach sagen konnte, das und das steht in der Bibel; denn das Neue Testament gab es noch nicht als Teil der Bibel. Er sagte: Was die Christen bisher überliefert haben und nach Prüfungen (ob es das bleibende und volle Ursprungszeugnis der Apostelgeneration und maximal noch der Apostelschüler über Jesus und Seine frühe Kirche ist) in den Gottesdiensten vorgelesen haben, das ist das, was festzuhalten und auch weiterhin zu überliefern ist. Tradition ist die Weitergabe des Feuers über die Generationen hinweg, nicht die Anbetung der Asche, sodass in jeder Generation neu Menschen - entflammt vom Heiligen Geist - in die Gemeinschaft der Glaubenden geholt werden können.

Das Alte Testament enthält 46 Bücher und das Neue Testament 27 Bücher.