Bibel - Kontext Kirche

Überall da, wo Menschen sich auf die Gemeinschaft mit Gott durch die Taufe auf diesen Hl. Geist einlassen, entsteht kirchliches Leben. Freilich ist dieses gefährdeter, wenn es nicht im vollen Traditionsstrom der göttlichen Gnade fließt. Aber es bleibt ein Weg, auf dem Menschen zum Heil finden können. Wenn jemand begreifen will, was Kirche ist, muß er die Bibel kennen. Denn in ihr hat Israel (im Alten Testament = jüdische Bibel) und später die Kirche (im Neuen Testament) die Erfahrungen, Reflexionen und Gebete von Menschen, Gruppen, ja der ganzen Gemeinde mit Gott festgehalten, die auch in Zukunft das Fundament darstellen sollten, auf dem weitergebaut werden muß. Manchmal hat man zum selben Sachverhalt gegenläufige Urteile. Das ist normal, weil der Weg Gottes mit uns immer im Spannungsfeld aus Individuum und Gemeinschaft entlangläuft. Aber auch nicht so erleuchtete Menschen haben schon Bücher geschrieben. Wie geschah es nun, daß von bestimmten Schriften (im Kanon) die heilige Kirche sagt, das ist Heilige Schrift und das nicht?

Wenn Bibel gelesen, gelebt und tradiert wurde, geschah dies immer im Gebet und innerhalb der Kirche. Die ersten Christen hatten aber noch eine besondere andere Quelle: sie konnten sich noch an Jesus und die Worte des Zwölferkreises sowie der anderen Apostel (= Missionare im paulinischen Verständnis) erinnern. Außerdem standen sie im Kulturkreis Jesu (palästinisches Judentum der Zeitenwende) bzw in seiner Nähe (Hellenismus). Zudem gab es schon damals Streit zum Verständnis bestimmter Schriftstellen. Im Ringen um einen Konses und das Bewahren der Einheit wurden so bestimmte Sätze (Dogmen) formuliert, die Mißverständnisse ausschließen sollten. So können auch wir heute die heilige Schrift nur dann in ihrer Gänze richtig verstehen, wenn wir sie einerseits betend lesen, wenn wir sie andererseits immer im Traditionsstrom der Kirche lesen, der uns vor bestimmten Irrwegen warnt. Aber auch den Traditionstrom muß man immer wieder am Maßstab der Schrift dialogisch hinterfragen.