Unter der Überschrift "Jesus wird verehrt" werden im ersten Absatz weder Geburts- noch Todesjahr mitgeteilt (wie bei den anderen Religionsstiftern!), sondern schlicht behauptet: "Ob Jesus... je gelebt hat, ist umstritten." Das entspricht Unterstellungen von anno dunnemals im 19. Jahrhundert, die in ihrer Unhistorizität niemand mehr ernst nimmt. Dass sich vom Geburtsjahr Jesu im übrigen die christliche bzw. heutige Zeitrechnung ableitet, kann gleich - wie praktisch - mit verschwiegen werden.
Als zweite Angabe folgt, er sei mit vier Brüdern und einigen Schwestern aufgewachsen; ein Vater findet keine Erwähnung. Dass hier die Aussage aller großen christlichen Konfessionen völlig außer acht gelassen wird, dass es dabei um eine geheimnisvolle Empfängnis Jesu vom Heiligen Geist geht; dass längst exegetische Erklärungen zu den "Brüdern und Schwestern Jesu" vorliegen, da, wie bis heute im Vorderen Orient (übrigens auch in Russland) üblich, nahe Blutsverwandte (Vettern, Cousinen) als Geschwister bezeichnet werden; auch dass Jesus nach den Evangelien und nach der Überlieferung der einzige Sohn Marias ist, stört lernresistentes Unwissen nicht. Die zentrale Aussage des Christentums von Jesus als dem Sohn Gottes wird gleich gar nicht erwähnt.
Drittens: Eine Kurzangabe zu Johannes dem Täufer (gleich mit dem passenden Verweis auf "Gottes Zorngericht") und der Taufe Jesu bezieht sich aus unerfindlichen Gründen auf Aussagen von Karl Jaspers!
Viertens: Als Zwischenfrage wird gestellt, welche Aufgabe ein Rabbiner habe. Offenbar soll Jesus als amtlicher Rabbiner verstanden werden. Der Unterschied zwischen Rabbi und Rabbiner ist sowieso unbekannt und soll es wohl auch bleiben.
Fünftens: Die via dolorosa, den Kreuzweg Jesu in Jerusalem, nennen die Verfasserinnen den "Kreuzzug Jesu". Der Schüler soll wohl gleich im Hinterkopf festhalten, den Ursprung der Kreuzzugsidee direkt bei Jesus zu suchen.
Sechstens: Der Tod Jesu wurde gedeutet "als Lösegeld für das gefangene Volk Israels". Das gefangene Volk Israels wird sich bedanken.
Siebtens: Entsprechend ist mit dem Tod Jesu "das Volk frei von Gefangenschaft, (...) befreit von der Macht der Unterdrücker". Hier sind wohl die Römer gemeint, die das aber gar nicht gemerkt haben und im Jahr 70 endgültig Israel vernichteten.
Achtens: "Nachdem Jesus am Kreuz gestorben war, so erzählt das vierte Evangelium, wurde er von den Toten wieder erweckt." Dass alle vier Evangelien das erzählen, ist wegen der unterlassenen Lektüre gar nicht aufgefallen (man/frau könnte die Bibel ja mal aufschlagen); vielleicht soll auch unterstellt werden, dass die anderen drei Evangelien etwas ganz Anderes erzählen.
Neuntens: Fazit: "Für viele ist die Auferstehung Jesu ein Mythos, das heißt eine unglaubliche Geschichte (...)" Aufgabe: "Stellt andere Mythen aus der Bibel oder aus Märchenbüchern zusammen (...)"
Also die Bibel als Märchenbuch - daraus haben nun 2000 Jahre europäische Kultur, Kunst und Philosophie gelebt, und andere Kulturen integrieren gerade das "Märchenbuch". Nicht aber die hellen Köpfe aus dem Ethik-Unterricht!
Zehntens als "Lesetipp": "Als Literaturgrundlage könnt Ihr die Bücher "Märchen der Welt" aus dem Eugen Diederichs Verlag München nehmen."